Segmentale Irritationspunkte mit funktioneller Zuordnung

Im Gegensatz zu den obengenannten eher unspezifischen Tests und ihrer akademischen Auslegung gewinnt der segmentale Irritationspunkt nach Sell mit seiner funktionellen Zuordnung weiterhin Bedeutung. Nach Sell ist der segmentale Irritationspunkt für das Kreuzdarmbeingelenk, welches er mit der Höhe S 1 gleichgesetzt hat, wie folgt definiert. Er schreibt den Punkt fest, dass er vier Querfinger unter dem Darmbeinkamm wie auch drei Querfinger neben dem Gelenkspalt des SIG zu liegen kommt. Praxisnäher ist der Irritationspunkt nach Bischoff, welcher sich in der Lücke zwischen M. glutaeus medius Unterrand und M. piriformis befindet und somit zwei Zentimeter unter dem von Sell beschriebenen Punkt aufzufinden ist. In Bewertung der unterschiedlich beschriebenen Irritationspunkte ergibt sich trotzdem eine gewisse Korrespondenz zu den Valleix’schen Druckpunkten wie auch den Hacket’schen Irritations- oder Triggerpunkten. Der Irritationspunkt wird im Seitvergleich getastet und einer anschließenden segmentalen Irritationspunktzuordnung zugeführt. Der Therapeut modelliert sich hierbei mit den Oberschenkeln suprakondylär und supramalleolär am Patientenbein ein und zieht unter aufrechterhaltendem Druck auf den Irritationspunkt das Bein des Patienten nach caudal, wobei hier das Ilium einen Zug nach caudal erfährt und somit eine Relativbewegung des Sacrums nach cranial erzeugt wird. Dies wird bei Zunahme des Irritationspunktes als Kranialisierungsempfindlichkeit dokumentiert. Die Caudalisierungsempfindlichkeit erfolgt in umgekehrter Weise. Der Therapeut bleibt in der Einstellung suprakondylär und supramalleolär und schiebt dabei das Bein des Patienten nach cranial, wobei es hier zu einer Cranialbewegung des Iliums gegenüber dem Sacrum kommt und somit die relative Caudalisierung des Sacrums bei positiver Zunahme des Irritationspunktes als solche dokumentiert wird.

Die Prüfung der Ventralisierungs- und Dorsalisierungsfähigkeit des segmentalen Irritationspunktes nutzt die Translations- und Rotationsfähigkeit des Sacrums aus. Bei konstantem Aufnehmen des Widerstandes am segmentalen Irritationspunkt S 1 erfolgt über den proximalen Kleinfingerballen der Handdruck auf SWK 1 der zugewandten Seite, wobei die Ventralisierungsempfindlichkeit geprüft wird. Die Dorsalisierungsempfindlichkeit wird geprüft, indem bei weiterhin aufrechterhaltenem Druck auf den Sell’schen Irritationspunkt ein Druck auf S 3 der Gegenseite (in Höhe der Rima ani) ausgeübt wird.

Es ergibt sich aufgrund dieser Tests folgende Nomenklatur:

S 1 +↑ , v., PZ oder S +.1,↓ ., d.

Neben der bereits beschriebenen Nomenklaturrichtlinie zeigt nun der Pfeil nach unten die Caudalisierungsempfindlichkeit, der Pfeil nach oben die Cranialisierungsempfindlichkeit an. Die Ventralisierungsempfindlichkeit wird durch das Schreibkürzel „v“, die Dorsalisierungsempfindlichkeit durch das Schreibkürzel „d“ ausgedrückt.

Der Irritationspunkt S3 wird analog auf seine Funktion geprüft, wobei das craniale Ende der Rima ani die Höhe S3 festlegt und der Punkt jeweils paraspinal aufgesucht wird. Die funktionelle Zuordnung und die Nomenklatur ist der obigen angepaßt.